Heuanalyse

Heuanalyse: der Schein kann trügen…

Anhand eines persönlichen Beispiels möchte ich hier aufzeigen, dass eine neulich gelieferte Heucharge (vom Sommer 2019, lose gelagert und frisch in Kleinballen gepresst), obwohl äusserlich sensorisch einwandfrei und für viele Leute (inkl. mir) als „sehr gut“ bezeichnet, nach einer detaillierten Heuanalyse doch die einte oder andere Überraschung mit sich gebracht hat…

Es handelt sich um das Heu oben auf dem Bild. Optisch einwandfrei; sensorisch frei von Schimmelbildung; produkttypische Farbe und arteigener Geruch.

Eine Probe von ca. 500g wurde ins Labor geschickt und schon ein paar Tage später kamen die ersten Resultate.

Erster Teil der Heuanalyse: die Mikrobiologie

Da ich einen Heustauballergiker im Stall habe welches mit Husten auf grosse Mengen Staub reagiert, wollte ich auch einen Einblick über die Schimmelpilze und Hefen haben. Auch äusserlich einwandfreies Heu kann mehr oder minder stark kontaminiert sein.

Sehr positive Überraschung: alle 4 Untergruppen sind in Kategorie 1 eingestuft worden. Das Heu ist mikrobiologisch also sehr gut. Alle Werten sind deutlich unter den empfohlenen Grenzwerten wie man hier unten deutlich sehen kann.

Mikrobiologischer Befund Heuanalyse

Zweiter Teil der Heuanalyse: Weender Analyse

Die Weender Futtermittelanalyse ist das Standardverfahren zur Ermittlung der Inhaltsstoffe von Futtermitteln.

Es wird nach Rohasche, Rohfaser, Rohprotein, Rohfett und stickstofffreien Extraktstoffen unterschieden; die Ergebnisse sind meistens auf die Trockenmasse, seltener auf die Frischmasse bezogen.

100 = Wasser + Rohasche + Rohfaser + Rohprotein + Rohfett + NfE (alle Angaben in % Frischmasse).

Ich werde in einem anderen Artikel detaillierter in die Weender Analyse eingehen.

In der Tabelle hier unten sieht man den Wert pro kg Frischmasse (OS) oder pro Kg Trockensubstanz (TS). Bei jedem Wert ist auch ein Richtwert angegeben.

Welche Informationen kann man nun aus dieser Heuanalyse ziehen?

  • Die Trockensubstanz hat einen hohen Wert; das Heu ist also sehr trocken; deutet auf eine einwandfreie Lagerung.
  • Der Rohfaserwert ist zwar nicht sehr hoch aber immer noch im Referenzbereich. Da ich ein Pferd habe, welches sofort mit Kotwasser reagiert wenn der Rohfaserwert über 30% liegt, freue ich mich über diesen niedrigen Wert. Bis jetzt also alles gut 🙂
  • Der Rohfettgehalt ist der Teil des Futtermittels, welches sich in Fettlösungsmitteln löst. Es spielt in der Pferdefütterung eine untergeordnete Rolle. Deswegen wird es in diesem Artikel nicht weiter eingegangen.
  • Der Rohproteinwert ist deutlich zu tief. Hier muss man noch unterscheiden zwischen Rohprotein und dünndarmverdauliches Rohprotein (Anteil Eiweisse welche vom Pferd effektiv aufgenommen und verstoffwechselt werden im Dünndarm. Dieser liegt in dieser Probe bei 36 (Richtwerte: 30 – 120; hier nicht aufgezeigt). Ist also deutlich zu tief aber das kann ja problemlos supplementiert werden. Bis jetzt freue ich mich also immer noch 🙂
  • Last but not least: der Zuckerwert. Meine erste Euphorie nach Ansicht der oben genannten Resultate sinkt schlagartig als ich Kenntnis nehme vom Zuckerwert… Idealerweise sollte dieser unter 8% sein (in der Praxis in der Schweiz habe ich solche Werte aber sozusagen kaum angetroffen und bin schon zufrieden bei Werten unter 11%). Hier haben wir einen Wert von 17.3%; wenn man noch die Fruktane dazunimmt, kommt man auf 28.52% Zucker! Das ist komplett ernüchternd! 

Pro Kg Heu fressen also meine Pferde 285.20g Zucker! Das entspricht also, bei einer Gabe von ca. 12kg Heu täglich (2kg Heu pro 100kg Körpergewicht), sage und scheibe 3.422 (also fast. 3.5 (!) kg Zucker!; gleichwertig wie 3.5 Packungen Zucker pro Tag…

Welche Schlussfolgerung kann ich daraus ziehen?

Obwohl das Heu optisch und sensorisch absolut einwandfrei aussieht und ich mich am Anfang sehr gefreut habe, so ein „schönes“ Heu geliefert bekommen zu haben, hat die Heuanalyse ein doch nicht zu unterschätzender Faktor geliefert. 

Die Gabe dieses Heus wäre für leichtfutterige, bzw für hufrehegefährdeten Pferden absolut fatal.

In meinem konkreten Fall habe ich noch andere Chargen Heu, mit deutlich niedrigeren Zuckerwerten, an Lager und ich kann also diese gut kombineren. Aber auch hier muss ich aufpassen und dieses Heu nur portioniert verfüttern. Mit diesen Werten wäre eine Fütterung ad libitum, auch für meine Warmblüter, definitiv nicht empfehlenswert. Probleme wie Übergewicht bis zur Insulinresistenz könnten auftreten, sollten die Pferde noch dazu nicht genügend bewegt werden. Und dies passiert doch schneller als man denkt…

Der Verdacht auf einen höheren Zuckerwert war schon vorhanden bevor ich die Resultate der Heuanalyse überhaupt erhalten hatte. Die Pferde haben sich regelrecht darauf gestürzt und sozusagen die Halmen inhaliert 😉 Dass aber der Wert SO hoch sein würde, damit habe ich aber definitiv auch nicht gerechnet.

Vetrauen ist gut, aber Kontrolle ist definitiv besser! 

Ich werde häufig gefragt, wo man Heuanalysen durchführen lassen kann. In der Schweiz bietet zB die UFAG in Sursee diesen Service an: 

https://www.ufag-laboratorien.ch/futtermittel-analytik/

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